Von Ella und Kalli und der Parea  von Ingrid Heidrich-Siggelaki Es war sehr glücklich, unser Paar, so lange, wie es Sommer war. Denn an den langen Sonnentagen braucht spät erst Gute Nacht zu sagen der Kalli. Auch Ella konnte etwas rasten. Die Leute war’n nicht so am Hasten, genossen nun, was sie einst schufen und mussten sie nicht dauernd rufen. Es war Urlaub. So hatten sie denn etwas Zeit und lebten selig, nur zu zweit. Nun aber ist der Winter da und plötzlich wird den beiden klar, dass alles anders wird. In diesem dunklen Halbjahr nämlich, benimmt sich mancher ganz schön dämlich: ist schlecht gelaunt, voll Ungeduld und gibt dann gern den andern Schuld. Wie oft muss Ella, ohne Grund, jetzt kommen, rennt die Hacken wund. Hinzu kommt noch – es war ja klar -               ist Kalli schon sehr früh nich da. Man sieht die Ella einsam, traurig, und auch den Kalli nicht erbaulich. Das macht den Menschen Sorge nun. Was kann man nur dagegen tun? Denn ja trotz allem, wie wir wissen, möcht’ keiner beide jemals missen. Die Lösung ist, warum nicht eha? Die zwei, die brauchen doch Parea! Gar niemand darf allein so sein. Das macht das Leben eng und klein. Hingegen Lachen, Freunde, Feste, das ist jetzt wohl das Allerbeste. Nun kommt Besuch und Hoch die Tassen! Ella und Kalli könn’s kaum fassen: Man will sie nicht so traurig lassen. Und beiden geht es besser nun, das hat mit Nähe, Trost zu tun. Zwar ist es so, ob man’s nun mag: hat Ella Parea mehr am Tag und Kalli leider, ach, was macht’s? den Freundeskreis denn doch mehr nachts. Aber sowohl Ella als auch Kalli erscheint der Winter jetzt viel schöner. Sie können ihn sogar genießen.
Der Ausdruck „ Parea“ hat in Griechenland eine Bedeutung, die weit über obige Übersetzung hinausgeht. Vielleicht kennt manche Frau folgende Situation: Sie sitzt allein in einer Taverne, genießt ihr Weinchen, schaut träge dösend in die Gegend und ist eigentlich recht zufrieden. Da wird sie plötzlich angesprochen : μήπως θέλετε παρέα; Wollen Sie vielleicht Gesellschaft? In den meisten Fällen ist das nicht als dumme Anmache gemeint und sollte auch nicht so verstanden werden. Vielmehr liegt dieser Frage die Annahme zugrunde, dass es der Frau entsetzlich schlecht gehen muss so allein und dass man sich um sie zu kümmern hat. Die meisten Griechen selbst nämlich  würden sich nicht glücklich fühlen, allein irgendwo herumzusitzen. Besonders in ländlichen Regionen , oft noch in Großfamilien aufgewachsen, erleben viele Griechen Alleinsein als etwas Schreckliches, ganz und gar nicht Erstrebenswertes. Unser Hang, auch mal ganz für sich sein zu wollen, ist ihnen fremd. Wenn uns also jemand seine Gesellschaft anbietet, beruht das zumeist auf einem zutiefst empfundenen Gefühl der Fürsorglichkeit. Zwischen Landsleuten und Fremden wird da kein Unterschied gemacht. Ein weiteres Beispiel: Hat man ein -  bis zweimal mit bis dahin unbekannten Leuten an einem Tisch gesessen, mit ihnen gegessen, getrunken oder auch gefeiert, dann gehört man meistens auch in Zukunft zu dieser Parea, einer Gruppe von Menschen, die etwas miteinander unternehmen, sich umeinander kümmern. Man ist aufgenommen! Selbst wenn wir der Sprache nicht mächtig sind, ist das in Regel keine Hürde. Es gibt auch andere Formen der Kommunikation. Wenn wir den Menschen, die uns den Einstieg in ihr Land (in bestimmten Bereichen) so leicht machen, allerdings Respekt erweisen wollen, dann sollten wir ihre Sprache lernen.
Παρέα = Parea = Gesellschaft, Freundeskreis, Clique
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