Von Ella und Kalli und den Tieren von Ingrid Heidrich-Siggelaki Odysseus ist ein stolzer Recke, hat viel erlebt auf langer Strecke. Heut’ sehn wir ihn, wie voller Wonne, er schnüffelt in `ner Stinketonne. Da raschelt was und er fragt:“ Wau?“ Die Antwort ist:“Miau, miau!“ Sie wollten mich nicht leben lassen. Ich hab’s gewusst, doch konnt’s nicht fassen.“ „Wie ist Dein Name?“ Oddi fragt. Die Kleine, ganz und gar verzagt: „Was meinst Du? Weiß nicht! Name? Wie? Ich glaub’, sie nannten mich nur Vieh.“ Er nennt sie Kassi, wie Kassandra und singt’s ihr vor, so wie ein Mantra. Mit seiner feuchten Schnauze dann, da stubbst er sie ganz zärtlich an, hebt sie heraus aus Stinketonne und schleckt sie ab:  auch das ist Wonne! Viel(er) Pflege Kassi jetzt bedarf und das vor allem: ganz viel Schlaf. Odysseus kennt ein sich’res Plätzchen, dort bringt er hin das kleine Kätzchen und gibt ihm Nähe, Schutz und Nahrung. Er hat bereits darin Erfahrung. Und Kassi dankt es ihrem Retter. Von Tag zu Tag ein bisschen fetter, ist bald sie wieder hergestellt und nun, nun endlich lockt die Welt. Gemeinsam können sie jetzt laufen, sich zwischendurch ein Würstchen kaufen und räkeln sich in warmer Sonne, satt und gesund, auch das ist Wonne! Doch macht sie auch sehr Vieles traurig, weil es ja wirklich nicht erbaulich, zu sehn `nen Freund an kurzer Leine, schon fast verkümmert alle Beine. Sie tun, was sie nur machen können, mitunter sind sie nur am Rennen, befreien Freunde von der Kette, bring’ kleine Kätzchen sanft zu Bette und kümmern sich. Sie sind wahrhaft ein klasse Team. Er ohne sie? Sie ohne ihn? Wär’s schwierig. Odysseus nämlich, groß und kräftig, macht Menschen Angst, manchmal ganz heftig. Kassandra, oft des Schlafs beraubt, das Unheil wittert, man ihr jetzt glaubt. Und so können sie vielen Freunden helfen. Ella und Kalli lieben Tiere. Sie lieben alle, nicht nur ihre. Und nun im Winter, schon zu Beginn, da stell’n sie was zu futtern hin. Oddi und Kassi, noch von ferne, die sehen das und hab’n sie gerne. Zwar sind es Menschen. Vorsicht! Klar! Doch ist dies ein besondres Paar. Sie sehen Ella rennen, kommen und außerdem ist unbenommen, ganz eindeutig und sonnenklar, der Kalli immer nachts nich da. Auch ist’s nun kalt, wird täglich kälter und Oddi ist schon etwas älter. Kassi sehnt sich nach warmem Ofen, wo sie könnt’ schön so richtig pofen. Sie nähern sich, zuerst noch schüchtern, dann immer dreister, sie sehn’s nüchtern. Woll’n jetzt nur Ruhe, auch mal rasten. Nicht jeder kann doch immer hasten. Ella und Kalli freun sich richtig. Sie hab’n Parea, das ist wichtig. Und außerdem, was keinen stört, Oddi auf Ella gleich gut hört. Er kommt jetzt mit auf ihren Wegen, begleitet sie, oft ist’s ein Segen. Und Kassi ist, vielleicht schon klar? des nachts, mit Kalli auch nich da. Man sieht jetzt öfter irgendwo in Harmonie Mensch, Tier und so wird mancher in der Seele froh -  und gesund.
Ζω = so = leben Ζώο = so = Tier, Lebewesen
Vielleicht ist in diesem Zusammenhang interessant, dass sich die Bezeichnung  `Τier`  (ζώο) direkt vom Verb ` leben` (ζω) ableiten lässt oder umgekehrt. Nicht der Mensch ist der Inbegriff des Lebens (ζωή), sondern das Tier. Der Mensch heißt ganz anders. Mögen sich die alten Griechen in erfreulicher Weise bewußt gewesen sein, dass der Mensch auch nur ein Tier ist und wir alle zu einer Gattung gehören? Die Begriffe:  Zoo, Zoologe, Zoologie u.s.w. sind jetzt leicht auf ihre Wurzeln zurückzuführen, oder?
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