Von Ella und Kalli und dem Risiko von Ingrid Heidrich-Siggelaki Die Isabell, der Leonard sind gut betucht, noch jung, sehr smart. Die beiden woll’n nach Paros ziehen, der Kälte, Stadt, dem Stress entfliehen. Und ganz schnell lern’ sie Ella kennen, die ständig nur am Kommen, Rennen. Auch dann den Kalli, der ist zwar, wenn’s spät wird, nachts, zumeist nich da. Doch stört’s  sie wenig, sie sind offen, nichts macht sie mehr so leicht betroffen. Die Deutschen und das Griechenpaar verstehn sich gut, niemals wird klar, dass sie einander manchmal auch missverstehen. Ein Haus woll’n  nun die zwei sich kaufen und finden eins, nur kurz zu laufen zum Meer. Dem Meer, das beide so sehr lieben, nichts kann die Freude jetzt noch trüben. Ganz stolz und selig tun sie’s kund. Die Antwort ist aus aller Mund: „Wie schön für Euch, wir freu’n uns so! vor allem: gutes Risiko!“ Selbst Ella, Kalli, immer wieder, die sag’n das auch, es macht sie nieder! „War etwas falsch, ist was gefährlich? War’n die Verkäufer nicht ganz ehrlich?“ Doch währt der Zweifel nicht sehr lange: „Das ist doch Quatsch! Wir sind nicht bange!“ Beziehen nun das neue Haus und laden ein zum Einzugsschmaus. Schon etwas früher als hier Sitte, so stehn sie in der Freunde Mitte. Sie wussten ja, ihnen war klar, dass Kalli später dann nich da. Und Kalli will `ne Rede halten. Er spricht davon, dass einst Gewalten, verhinderten, uns zu verstehn, dass heut ist’s anders, wie wir sehn. Mit gutem Willen ist es machbar: Der einst’ge Feind lebt jetzt als Nachbar und Freund an unserer Seite. Die meisten sind recht angerührt, man hat ganz viel Gefühl gespührt. Nun muss sich Kalli aber sputen, die Nachtschiffe sind schon am Tuten. Auch Ella hat `nen Ruf vernommen, ist auf dem Sprung zum schnellen Kommen. Schon sehr in Eile, ganz und gar, (der Kalli ist schon fast nich da), da rufen beide:“Bleibt ja froh!“ Und dann noch:“Gutes Risiko!“ „Mein Gott, ist denn in diesem Land das Leben wirklich so riskant?“ fragen sich jetzt Isabell und Leonard.
Ριζικό = Risiko = Schicksal, Verwurzelung
Der Ausdruck < ριζικό > (Risiko) geht zurück auf das Verb < ριζώνω > (risono) = Wurzeln schlagen, verwurzelt sein. Er hat also so absolut gar nichts mit unserem deutschen Risiko zu tun. Das übrigens heisst auf Griechisch : ρίσκο (Risko). Schon erstaunlich, was so ein kleines i ausmachen kann, oder? Mich persönlich hat der Wunsch: καλό ριζικό! (Gutes Risiko) lange Zeit eigentlich nicht wirklich erstaunt, zumal er oft in Zusammenhang mit der Anschaffung von Motorrädern, Autos u.ä. ausgesprochen wurde. Und Verkehrsteilnehmer zu sein, ist hier in Griechenland ja zuweilen wirklich nicht ungefährlich. Bei Land- Hauskauf und ähnlichem wurde ich dann aber irgendwann mal stutzig und ging der Sache auf die Spur. Einer größeren Anschaffung ein gutes Schicksal, Verwurzelung im Sinne von Sicherheit und Gedeihen zu wünschen, halte ich mittlerweile für eine sehr liebenswerte Sitte der Griechen
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